P R O J E K T B E S C H R E I B U N G
Das Mahnmal-Projekt erinnert an die Vertreibung der jüdischen Gemeinde aus
Wien im Jahre 1670 und an den Umgang der Stadt Wien mit diesem Verbrechen.
Das Projekt präsentiert 4 fragmentarische, chronologisch geordnete Abrisse, die
mit der Geschichte der Arnezhoferstraße in unmittelbarer Verbindung stehen. Diese
Episoden werden mittels 7 an die Fassade der Liegenschaft ´Arnezhoferstraße
7´ applizierte Tafeln erläutert. Anhand jener Tafeln unternehmen
Passantinnen und Passanten eine Zeitreise, die sie vom 17. Jahrhundert zur
Gegenwart bewegen lassen.
Tafel 1 und Tafel 7 sind ident und markieren je nach Bewegungsrichtung
Ausgangs- bzw. Endpunkt der Geschichtsbetrachtung. Tafel 2 bis Tafel 6
stellen oben erwähnte Fenster in die Vergangenheit dar.
T A F E L N
Text der Tafel 1 ARNEZHOFERSTRASSE EIN STRASSENNAME
ALS MAHNMAL
Text der Tafel 2 Der Kaplan Johann Ignaz Arnezhofer
wirkte unterstützend in der judenfeindlichen ´Judeninquisitionskommission´, die
1669 dem Kaiser Leopold I empfahl, ´die Judenschaft von Wien abzuschaffen´.
1670 wurde die jüdische Bevölkerung im Auftrag von Kaiser Leopold I aus dem
Ghetto ´Unteres Werd´ (heute Teil des 2. Wiener Gemeindebezirks) vertrieben.
1671 wurde die ´neue Synagoge´ als Kirche geweiht. Auf seine Mitarbeit in
der Kommission hinweisend, bewarb sich Arnezhofer am 9. Sepember 1671 für die
Leitung der neu geschaffene Pfarre. Vier Tage später wurde er zum ersten
Priester in der Leopoldstadt bestellt.
Text der Tafel 3 In der Ära des Wiener Bürgermeisters Dr. Karl Lueger wurde die Straße nach
Johann Arnezhofer benannt. Im diesbezüglichen Protokoll der Stadtratssitzung
vom 19. April 1906 wurde das Mitwirken von Arnezhofer in der ´Judeninquisitionskommission´
(od. auch Kommission ´zur Ordnung der Israelitischen Angelegenheiten´) explizit erwähnt.
Text der Tafel 4 Während der NS-Zeit
wurden 29 Jüdinnen und Juden aus der Arnezhoferstraße Opfer
des Holocaust. [Liste der Holocaust-Opfer]
Text der Tafel 5 [Fortsetzung der Liste der Holocaust-Opfer]
Text der Tafel 6 Bis dato ließ die Wiener Stadtregierung
keine erklärende Zusatztafel zur Person Arnezhofer sowie zur Straßenbenennung errichten.
Text der Tafel 7 ARNEZHOFERSTRASSE EIN STRASSENNAME
ALS MAHNMAL
T A F E L N :: P D F - D O W N L O A D
V I S U A L I S I E R U N G DES P R O J E K T S
In der nachfolgenden Fotomontage ist
die Situierung der Tafeln im Erdgeschossbereich zwischen Fenster- bzw. Türöffnungen
durch helle Quadrate erkennbar. Analog zu den Risaliten, die die Fassade
zu den Nachbarfassade begrenzen, bedeuten die abgesetzten Tafeln 1 und 7
Ausgangs- bzw. Endpunkt des Projekts.
Fehlende Gliederungs- und Stuckelemente der ursprünglichen Fassade
aus dem Jahr 1913, das mittlerweile aufgelassene Farbengeschäft,
die thermische Sanierung durch Plastikfenster geben Zeugnis vom Lauf der
Eingriffe. Im Zuge der Geschäftstätigkeit von diesem ehemaligen
Farbengeschäfts wurde in der Erdgeschosszone die Beschildung „FARBEN
- LACKE“ montiert; Fenster sowie Türen dunkelblau und rot lackiert.
Weiters wurde der Putz in diesem Bereich erneuert und das ursprüngliche
Erscheinungsbild modifiziert. Die Tafeln dieses Projektes lassen sich
als weiteren zeitgeschichtlichen Layer an der Fassade lesen.
7
I) Die Anzahl der Tafel referenziert jene 7 in NS-Vernichtungsstätten
ermordeten Jüdinnen und Juden, die vor ihrer Deportation in der Arnezhoferstraße
7 wohnten.
II) Die Zahl 7 ist eine gleichwohl im Christentum als auch im Judentum
mythisch besetzte Ziffer, nicht zuletzt aufgrund der gemeinsamen Basis
Altes Testament bzw. Thora. „7“ symbolisiert ein Ganzes, eine
Fülle. Gleichzeitig ist dieses „Ganze“ wiederum häufig
Teil einer größeren Entität. zB. 7 Tage der Woche.
49 Tage (7 x 7) trennen die Feste Ostern (Auferstehung Jesus) und Pfingsten
(Apostel empfangen Heiligen Geistes) bzw. Pessah (Auszug der Juden aus
Ägypten) und Schawuot (Juden empfangen 10 Gebote).
Bibel respektive Thora bieten Myriaden Erwähnungen der Zahl „7“-:
Erschaffung der Welt in 7 Tagen.. Joseph´s Traumdeutung der 7 fette
und 7 dürre Jahre (beide lt. 1.Buch Moses Genesis bzw. lt. Bereschit,
Thora).
Als weitere Beispiele kennt die christliche Theologie 7 Sakramente, die
katholische Kirche 7 Todsünden.
H A P T I K UND O P T I K
Die Tafeln bestehen aus Acrylglas, die Verschraubung NIRO-Optik. Die Tafeln
sind quadratisch mit einer Seitenlänge von 30cm, Kante gefast. Sprache
der Tafeln ist deutsch; Farbe der Typografie 80iges Grau, Font Verdana,
Schriftgröße 30pt, Schriftgröße von Tabelle sowie
Impressum ist 10pt.
Unterkante der Tafeln liegt auf 185cm über
Gehsteigniveau. Jede Tafel ist so mit 4 Distanzhülse und verdeckter
Verschraubung an der Fassadenmauer fixiert, dass keine Verletzungsgefahr
durch vorstehende Komponenten entsteht.
L A G E UND S I T U A T I O N
Die Arnezhoferstraße liegt im Stuwerviertel (Grätzel zwischen
Lassalle- und Ausstellungsstraße sowie Donau) und verbindet die
Venediger Au und den Max-Winter-Platz.
Das Stuwerviertel war immer ein Ort, an dem sich Immigrantinnen und Immigranten
mit geringem Vermögen ansiedelten. Einkommen und Kaufkraft in diesem
Viertel sind traditionell niedrig.
Obwohl die Gentrifizierung einsetzt, bleiben Gassenlokale vielfach geschlossen.
Der hohe Grünanteil wirkt sich positiv auf die Lebensqualität aus.
Illegale Prostitution, wenngleich deutlich reduzierter als in der jüngeren Vergangenheit,
beeinflusst die Atmosphäre dieses Grätzels.
Campingbus-Touristen, die freie Parkplätze und die Nähe zum Prater schätzen,
entsorgen ihren Müll vielfach auf der Straße.
R E C H T L I C H E UND B A
U L I C H E V O R A U S S E T Z U N G E N
Es liegt das schriftliche Einverständnis
sämtlicher Wohnungseigentümer der Liegenschaft Arnezhoferstraße
7 vor, das Projekt wie erläutert durchzuführen. Laut Auskunft
der MA 37/2 ist der marginale und reversible Eingriff in die Fassadengestaltung
des nicht Schutzzone befindlichen Objektes nicht genehmigungspflichtig.
D A U E R DES P R O J E K T S
Das Projekt ist ein permanentes, da die Geschichte
der Arnezhoferstraße selbst nach einer eventuellen Straßenumbenennung
relevant ist. Vgl.
IMPACT
Das Projekt ist gegen Vandalismus versichert.
Laut Stellungnahme der Hausverwaltung der Liegenschaft Arnezhoferstraße
7 „Sandor Steiner – Gebäudeinhabung und Verwaltung“,
Schottgießergasse 3, 1020 Wien, mit Rücksprache mit der Liegenschaftsversicherung
werden die Tafeln mit der Fassade mitversichert. Der bei allfälliger
Beschädigung der Tafeln anfallende Selbstbehalt von € 300,-
wird von der Eigentümergemeinschaft bzw. Sponsoren aufgebracht.
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